Hartwein, Joerg; Als Arzt im Zarenreich. Die deutschen Professoren der Medizinischen Fakultät in Dorpat 1802-1894. 1. Aufl., Hamburg 2022, 134 S., kart., neuwertig! (Schriften zur Medizingeschichte, Band 10)

– Bei der im heutigen Estland gelegenen Universität Dorpat (heute Tartu) handelte es sich um eine 1632 vom schwedischen König Gustav Adolph nach dem Muster von Uppsala gegründete Institution, die knapp hundert Jahre später nach dem von Schweden verlorenen Nordischen Krieg wieder aufgelöst wurde.
1802 wurde sie auf Anlass von Zar Paul I. wiedergegründet, vor allem mit der Intention, Untertanen des russischen Reiches von einem Studium im westlichen Europa und der Indoktrination mit Ideen der französischen Revolution fernzuhalten.
Von Anfang an war sie in den meisten Fakultäten deutschsprachig und mit dem Recht versehen, Professoren aus dem Ausland zu berufen. Dies hatte zur Folge, dass von den insgesamt 70 Professoren der Medizinischen Fakultät, die bis zur Russifizierung Anfang der 1890er Jahre berufen wurden, 40 aus den Ländern des späteren Deutschen Reichs stammten.
Wie aus der Analyse der Biographien dieser Hochschullehrer, unter denen sich mehrere medizingeschichtlich bedeutsame Persönlichkeiten befinden, hervorgeht, handelte es sich mit einer einzigen Ausnahme stets um eine Erstberufung auf einen akademischen Lehrstuhl. Da, insbesondere ab der Jahrhundertmitte, die meisten dieser Professoren, nach manchmal nur kurzer Lehrtätigkeit, wieder nach Deutschland wechselten und nur ganz wenige dauerhaft im Baltikum Wurzeln schlugen, kann man Dorpat als typische Einstiegs- und Durchgangsuniversität bezeichnen. Dies, obwohl sie wissenschaftlich einen überdurchschnittlich guten Ruf genoss und auf einzelnen Gebieten wie der Pharmakologie eine Vorreiterrolle im gesamten deutschsprachigen Raum einnahm. Mit der 1894 erfolgten vollständigen Russifizierung kam es zum Ende eines Vorpostens mitteleuropäischer wissenschaftlicher Kultur im damaligen Zarenreich.
Keineswegs darf der Transfer von Wissenschaftlern ins Baltikum als Einbahnstraße missverstanden werden, da einige der bedeutendsten medizinischen Ordinarien des Deutschen Reiches, wie der Internist Strümpell, der Chirurg v. Bergmann oder der Pharmakologe Schmiedeberg gebürtige Balten waren, die später in Deutschland bedeutende Schulen begründeten.

• Schlagwörter: Baltikum – Biographien, Tagebücher, Memoiren etc. · Baltikum – Estland – Dorpat · Baltikum – Genealogie, Heraldik, Sphragistik · Baltikum – Gesamtliste · Baltikum – Medizin Pharmazie · Baltikum – Nachschlagewerke, Lexika · Biographien/Memoiren/Tagebücher/Briefe · Medizin/Pharmazie – Allgemein · Medizin/Pharmazie – Humanmedizin · Nachschlagewerke/Lexika
• Sprache: deutsch
• ISBN: 978-3-339-13402-8
• Bestellnummer: 20118AB

EUR 69,80